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4. Ratsch!

„Sei schön vorsichtig, Schatz.“

„Ich weiß, Mama!“

Der kleine Junge wollte genervter klingen, doch er war zu aufgeregt dafür: Er würde gleich Magie wirken. Gefährliche Magie.

Seine Eltern hatten ihn eingewiesen, er hatte ihnen oft genug zugesehen. Und doch blieb ein gewisser Grusel vor jener Macht, die die Menschen zwar gebändigt, aber nie ganz gemeistert haben.

Seine noch zarten Finger schlossen sich um das unscheinbare Wunderwerk, das der Mensch ersonnen hat: Pappelholz, bestrichen mit Leim, Schwefel und Kaliumchlorat. Ein simples Stäbchen mit verdicktem Kopf, mehr nicht. Allein für sich genommen unscheinbar. Unscheinbar wie ein einzelner kleiner Mensch in einem dunklen Wohnzimmer, im dunklen Advent. Aber wenn es auf die richtige Reibefläche traf, würde das Streichholz in einer Miniaturstichflamme auflodern. Genauso wie Menschen innerlich entflammen, wenn sie auf das richtige Gegenüber treffen.

Der Junge hielt das Streichholz und die Schachtel am ausgestreckten Arm von sich, die Augen halb zusammengekniffen, ergriffen von derselben Furcht, die sein Urahn vor Tausenden von Jahren vor dem Feuer hatte.

Ein erster Versuch. Ein zweiter.

„Soll ich nicht lieber…?“

„Nein!“

Ratsch!, sprach das Kaliumchlorat zum roten Phosphor, und der Zauber begann.

Große Kinderaugen, ehrfürchtig vor der Macht in den eigenen Händen und zugleich ängstlich vor der hellen Hitze.

Doch der feurige Dschinn hielt sich an die ihm zugewiesene Rolle und ließ sich mit dem Pappelstäbchen in ein Kerzenglas versenken.

Und schon kehrte der Geist der ersten vom Feuer erhellten Steinzeithöhle im Wohnzimmer ein: glühende Zuflucht vor einer dunklen Welt.

„Einen gesegneten ersten Advent, mein Großer“, sprach die Mutter zärtlich und stolz.