Foto: Merle Specht

5. Kälte und Licht

Der Winter ist so gar nicht meins. Würde es ein Ranking der Jahreszeiten geben, dann wäre der Winter auf Platz vier – noch lieber würde ich ihn ganz disqualifizieren. Aber es nützt ja nichts, und so muss auch ich mit dieser Jahreszeit leben.

Also schnüre ich meine Stiefel, lege den Schal dicht um meinen Hals, ziehe den langen Parka an und die Pudelmütze über die Ohren – fast so weit, dass sie mir über die Augen reicht. Dann stecke ich noch meinen Schlüssel in die Tasche, bevor ich die Handschuhe anziehe. Gut auf den Winter vorbereitet öffne ich die Haustür.

Die Kälte bahnt sich sofort den Weg zwischen den Handschuhen und den Ärmeln meines Parkas.

Ich gehe den Weg durch den Vorgarten. Mit einem knarrenden Geräusch öffnet sich die Pforte, und ich trete hinaus auf den Bürgersteig. Die Straße wird von altersschwachen Laternen mit einem orangestichigen Licht beleuchtet. An der Straße stehen geparkte Autos, ihre Scheiben sind mit einer Eisschicht überzogen.

Auf dem gepflasterten Bürgersteig gehe ich die Straße entlang, sonst ist niemand unterwegs.

Mein Blick schweift ab zu den Häusern. In ihren Fenstern entdecke ich funkelnde Lichter: Sterne, Kugeln, Kerzen, Engel, Schwibbögen. Der Glanz der weihnachtlichen Beleuchtung strahlt mich an. Die Zimmer der Häuser sind lichtdurchflutet, und ein Teil des Glanzes scheint aus den Fenstern herauszuschwappen und hüllt auch die Welt draußen in ein goldenes Licht. Die Eiszapfen an der Regenrinne funkeln. Die sonst so trostlose Winterwelt wird erhellt.

Wie genial ist es denn bitte, dass wir Weihnachten mit all seinem Lichterglanz und dem Funkeln im Winter feiern – gerade dann, wenn wir es am meisten brauchen!?

Der Glanz von Weihnachten strahlt für uns alle. Er macht selbst mir den Winter erträglich.

Wie durch das Licht aufgewärmt gehe ich meinen Weg weiter durch die winterlichen Straßen.